Erdmagnetismus

Erdmagnetismus
Erd|ma|gne|tis|mus auch: Erd|mag|ne|tis|mus 〈m.; -; unz.〉 Eigenschaft des Erdkörpers, ein magnet. Feld zu bilden; Sy Geomagnetismus

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Erd|ma|g|ne|tis|mus, der (Physik):
Wirksamkeit des Magnetfelds der Erde (5).

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Erdmagnetismus,
 
Geomagnetịsmus, die Gesamtheit derjenigen physikalischen Eigenschaften des Erdkörpers und der physikalischen Vorgänge in ihm, die das erdmagnetische Feld (im engeren Sinn sein Hauptfeld) und seine Änderungen hervorrufen; im weiteren Sinn auch alle mit dem erdmagnetischen Feld verknüpften physikalischen Erscheinungen. Zur Erklärung der Ursachen und der allmählichen Änderung des erdmagnetischen Feldes sind verschiedene, bisher jedoch nicht restlos befriedigende Dynamotheorien entwickelt worden, die die beobachteten Verhältnisse auf elektrische Stromsysteme im Erdinneren und deren Veränderungen zurückführen.
 
Von großer Bedeutung für die geophysikalische Prospektion und die Erforschung der Erdgeschichte ist der Gesteinsmagnetismus, für den v. a. das Mineral Magnetit (Fe3O4) verantwortlich ist. Magnetithaltige Gesteine werden im erdmagnetischen Feld in dessen Richtung magnetisiert (induzierte Magnetisierung), daneben zeigen sie aber häufig einen von der momentanen Richtung und Stärke des erdmagnetischen Feldes unabhängigen Magnetisierungsanteil (Remanenz). Dies ist dann der Fall, wenn die remanente Magnetisierung bei Abkühlung vulkanischer Gesteine im Erdfeld entstanden ist (Thermoremanenz). Durch Ausmessen der Magnetisierungsrichtungen (Paläomagnetismus) an orientiert entnommenen Gesteinsproben lassen sich die fossilen Richtungen des erdmagnetischen Feldes ermitteln und daraus die Lage der geomagnetischen Pole in bestimmten geologischen Systemen berechnen. Das von allen Kontinenten vorliegende Beobachtungsmaterial erlaubte, daraus Polwanderungskurven abzuleiten, die für die Zeit vom Silur bis in das Mesozoikum zusammenfallen, danach jedoch für jeden Kontinent anders aussehen. Dieser Befund gilt als Bestätigung dafür, dass ursprünglich eine einzige riesige Kontinentalmasse, die Pangäa, vorhanden war, die dann später zerbrach.
 
Die paläomagnetischen Untersuchungen ergaben ferner, dass von den Remanenzen natürlicher Basaltvorkommen etwa die Hälfte ungefähr die Richtung des heutigen Erdmagnetfeldes, die andere Hälfte aber die entgegengesetzte Richtung zeigt. Man schließt daraus auf eine mehrfache Feldumkehr des erdmagnetischen Feldes. Für eine Reihe von Fällen hat man die Umkehrzeiten durch Altersbestimmungen mithilfe der Radioaktivität an den gleichen Proben datieren können. Die Umkehrzeiten liegen größenordnungsmäßig eine halbe Mio. Jahre auseinander, während die Umkehr selbst jeweils in Zeitintervallen, die kürzer als 5 000 Jahre sind, ablief. Die Zeitskala dieser Umpolungen ist bis zu 80 Mio. Jahre zurück gut erforscht, besonders gut in den ozeanischen Krustengesteinen (Sea-Floor-Spreading).
 
 
Der französische Naturforscher P. de Peregrinus, der 1269 die Bipolarität des Magnetismus entdeckt hat, nahm an, dass der Erdmagnetismus auf Kräften der Himmelskugel beruhe, die einen kugelförmigen Magneten so ausrichten, dass seine beiden magnetischen Pole auf die Himmelspole weisen. Jedoch setzte sich bald wieder die ältere Vorstellung durch, dass große, am Nordpol befindlichen Berge aus Magneteisenstein die Kompassnadel anziehen. Für die in der Mitte des 15. Jahrhunderts entdeckte Deklination wurden andere Magnetberge verantwortlich gemacht. Erst die Entdeckung der Inklination (G. Hartmann, 1542; R. Norman, 1581) machte diese Vorstellung hinfällig. Eine neue Deutung des Erdmagnetismus und gleichzeitig der Schwerkraft gab W. Gilbert (1600): Die Erde sei wie alle Himmelskörper ein großer Kugelmagnet, der innerhalb einer großen Kraftkugel (»orbis virtutis«) um das Schwerezentrum Kompassnadeln ausrichte. Die Schwerkraft beruhe auf der anziehenden Wirkung dieses Magneten. Die von I. Newton 1687 aufgestellte Gravitationshypothese erforderte dann eine neue Deutung des Erdmagnetismus als gesonderte Erscheinung.
 
Während die ausgedehnten, 1799-1804 von A. von Humboldt und 1828-30 von Adolf Erman (* 1806, ✝ 1877) durchgeführten Messungen des Erdmagnetismus noch ganz auf empirischen Grundlagen beruhten, wurden ab 1831 durch C. F. Gauss und W. Weber entscheidende Fortschritte in der Deutung erzielt. Der von ihnen gegründete »Göttinger Magnet. Verein«, den man als Vorläufer des Internationalen Geophysikalischen Jahres ansehen kann, veröffentlichte ab 1837 das weltweit gewonnene Beobachtungsmaterial (u. a. 1840: »Atlas des Erdmagnetismus«). 1838 formulierte Gauss eine phänomenologische Theorie des Erdmagnetismus, die ihre Gültigkeit im Wesentlichen bis heute bewahrt hat: Der Erdmagnetismus bestehe aus einem durch ein Potenzial darstellbaren (Quellen im Erdinnern) und einem potenziallosen Anteil. - Die Ursache des Erdmagnetismus ist aber bis heute umstritten. P. M. S. Blackett versuchte 1947 erneut, Erdrotation und Erdmagnetismus miteinander zu verknüpfen. Eine Magnetohydrodynamik des Erdkerns zur Erklärung des Erdmagnetismus formulierten 1948/49 E. C. Bullard und 1950 W. Elsasser.
 
 
Physics of geomagnetic phenomena, hg. v. S. Matsushita u. a., 2 Bde. (Orlando, Fla., 1967-68);
 G. Angenheister u. H. Soffel: Gesteinsmagnetismus u. Paläomagnetismus (1972).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Erdmagnetismus: Struktur und Entstehung
 

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Erd|ma|gne|tis|mus, der (Physik): Wirksamkeit des Magnetfelds der ↑Erde (5).

Universal-Lexikon. 2012.

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